Eine nachhaltige Buchtour, Färben mit Pflanzen und ein feiner Patchworkbeutel

Einfach Nachhaltig Nähen

Nachhaltigkeit - DAS Modewort.

Bis Anfangs März 2020.

Leichtfertig, oft und überall damit herumgeworfen hatte es für mich schon längstens den gleichen Aussagewert-Status wie innovativ, dynamisch oder "unsere Werte". Worthülsen, die irgendwie gut tönen und einen modernen Eindruck vermitteln. Und natürlich wirkt es auch: als KonsumentIn greife ich lieber dort zu, wo Nachhaltigkeit drauf steht. Oder eine grüne Knospe. Zumindest Fairtrade. Das gibt einem dann das Gefühl, es "richtig" gemacht zu haben. 

Ich habe gut konsumiert.

Konsum mit Glücksgefühl Plus.

 

Aber FÜHLT man die Wortbedeutung auch noch? 

Mir war das tatsächlich ein wenig verloren gegangen. Wir geben uns zwar zu Hause schon länger Mühe nachhaltig zu leben und versuchen unseren ökologischen Fussabdruck im Alltag so gering zu halten, wie es für uns möglich ist und stimmig. Ich habe nicht den Anspruch, alles richtig zu machen, aber wir haben so unsere Schwerpunkte, auf die wir unser Augenmerk legen. Und manchmal wird man etwas faul und nachlässig. Gerade was den Konsum betrifft. Nun war plötzlich nicht mehr alles sofort verfügbar und ich habe einige meiner Handlungen und Wünsche neu hinterfragt und als Folge davon so einiges reduziert, nicht nur beim Kaufen...

 

Gerade auch beim Thema Nähen finde ich es wichtig ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, welche Umweltauswirkung das Hobby hat. Welche Materialien verwende ich, woher beziehe ich sie, was wird daraus, wie pflege ich sie, damit sie möglichst lange haltbar bleiben und wie kann es recycled werden?

Konkreter: Fahre ich mit dem Auto zum Stoffladen oder bestelle ich die Stoffe im fernen Ausland? Achte ich darauf, wie die Stoffe hergestellt worden sind? Warum kaufe ich den Stoff überhaupt? Projektbezogen oder einfach weil *den muss ich haben* ? Nähe ich des nähens Willens oder des Endprodukts wegen? Wie wichtig ist mir beim Zuschneiden das Produzieren von möglichst wenig Reststücke? Und apropos Reststücke: was kommt in den Abfall, was wird aufbewahrt und was wird sonstwie verwendet?

Ich bin ein Stoffrestenmessie.
Ich bin ein Stoffrestenmessie.

 

Sich mit dem Thema und solchen Fragen auseinanderzusetzen soll kein schlechtes Gewissen erzeugen und auch nicht bedeuten, dass man alles ökologisch korrekt machen muss. Alles oder gar nichts endet doch sehr oft in gar nichts... Aber wenn man sich des eigenen Handelns bewusst wird, kann man da und dort ohne grossen Aufwand etwas ändern, ohne dass man das Gefühl hat Opfer zu erbringen.

Nun habe ich mich ein wenig in ein Dilemma geschrieben... Weil einerseits rufe ich zum Hinterfragen von unseren Handlungen und unserem Konsum auf und andererseits halte ich hier ein tolles, passendes Buch von Petra alias pedilu in den Händen und mache gerne ***Werbung*** dafür. Wie ich hoffe mit Erfolg, aber irgendwie auch nicht? 

 

Das Buch "Einfach nachhaltig nähen" ist eine Mischung zwischen Näh- und Lesebuch. Es ist aufgegliedert in die Kapitel Nachhaltigkeit, Konsum, Zero Waste, Resteverwertung, Slow Fashion und Upcycling. Jedes Kapitel beginnt mit einem Fakten-Check, wo man zum Beispiel erfährt, dass pro Waschgang bis zu 3000 Fasern freigesetzt werden oder dass Hobbynäherinnen durchschnittlich jährlich mindestens drei Kleidungsstücke mehr als nötig nähen.

 

Das Buch enthält viele gute Tipps und viel Wissenswertes. Ich persönlich mag zum Beispiel die Denkanreize zum Thema 'Massvoll Nähen' sehr. Ohne jegliches Wedeln mit dem ökologischen Zeigefinger bringt Petra gute Inputs wie man Müll vermeidet, umweltfreundlich schenkt oder Jersey- und Webwareresten verwenden kann, inklusive Schnittmuster und Nähanleitungen.

(Slideshow Fotocredits: Petra Wünsche)

Ihr könnt es nun kaufen oder auch nicht kaufen. Kauft es nicht einfach nur weil Nachhaltig drauf steht. Kauft es, wenn es euch tatsächlich interessiert. Kauft es in der lokalen Buchhandlung. Und borgt es Freundinnen aus oder verschenkt es weiter, wenn ihr es nicht mehr braucht, so dass sich die nächste Person interessante Sachen für sich herausnehmen kann. Nachhaltigkeit.

Einfach nachhaltig nähen - Stoffe natürlich färben

Das Buch "Einfach nachhaltig nähen" befindet sich momentan auf einer Stafettentour. Also eigentlich auf vier Touren: je ein Buch befindet sich in Nord- und in Süddeutschland, eines in Österreich und eines hier in der Schweiz. Am Schluss der Tour hat man übrigens die Chance, ein Exemplar zu gewinnen. Im Bild oben seht ihr die verschiedenen Stationen, auf dem Blog von pedilu findet ihr die Links zu all den Teilnehmerinnen. Oder hüpft rüber auf Instagram und sucht nach #einfachnachhaltignähen 

 

Wir Tour-Teilnehmerinnen mussten explizit nicht zwingend etwas aus dem Buch bzw. für den Beitrag nähen. Wollte ich dann zuerst auch nichts. Aber dann ging mir die hübsche Patchworktasche nicht mehr aus dem Sinn und ausserdem hatte ich gerade viele selber, natürlich gefärbte Stoffstreifen zur Hand...

Stoffe natürlich färben Pflanzenfarben

Stoffe natürlich mit Pflanzen färben wollte ich schon lange mal. Anfangs April war der Zeitpunkt da und irgendwie doch nicht. Oder eben doch. Es war nämlich ein ganzer Prozess, der sich dazu in mir abspielte in den letzten Wochen, provoziert wegen den allgemeinen aktuellen Gegebenheiten. Die Läden waren ja nun zu und so musste ich entweder bestellen und mehrere Tage warten oder mich auf das konzentrieren, was ich zu Hause oder rund ums Haus hatte. Einzig Alaun für die Beize kaufte ich und unbehandelten, GOTS-zertifizierter weisser Baumwollstoff bestellte ich bei meinem lokalen Bio-Stoffhändler im Online-Shop. Später allerdings entdeckte ich in den Tiefen der Waschküche allerdings noch ein weisses altes Baumwolltuch, das hätte es für die ersten Versuche auch getan. 

 

Bei den Färbematerialien beschränkte ich mich auf das was ich 1. grad sofort fand und 2. nicht giftig im Sinne von lebensmitteltauglich ist. Der zweite Punkt ist deshalb wichtig, weil ich keine alten Töpfe habe und somit meine Haushalts-Alltags-Töpfe nehmen muss. Die Alaunbeize habe ich deshalb nach draussen in einen Eimer verlegt, welcher windgeschützt in der wärmenden Sonne steht. Funktioniert auc, dauert einfach mehrere Tage länger...

 

Gefärbt habe ich mit Rosmarin (der wächst und wächst in unserem Garten), Kaffeesatz, halbverfaulte Aubergine, Rote Bete, alter roter Federkohl, Blaukraut/Rotkraut und aktuell mit Brennnesseln, gesammelt beim gestrigen Spaziergang.

 

Ausserdem mit Schwarztee und Currypulver (mangels Kurkuma). Allerdings bin ich bei diesen Sachen zögerlich. Es fühlt sich für mich nicht stimmig an importierte Lebens-/Genussmittel zu kaufen, um einfach quasi für den Spass an der Sache Stoffe zu färben. Die geplante Avocadofärbung sehe ich ökobilanzmässig ebenfalls als grenzwertig an. Immerhin brauche ich zum Färben davon nur die Kerne, das Essbare wird gegessen. Die Kerne lasse ich trocknen und ich sammle einfach geduldig so lange, bis ich genug habe. Ohne dass ich nun extra (mehr) Avocado kaufen würde.

Übrigens: eine Freundin hilft mir beim Sammeln von Avocadokernen und eine liebe Nachbarin legt mir altes, überschüssiges färbetaugliches Gemüse in den Briefkasten – danke euch! #färbenverbindet

Verwendet habe ich hauptsächlich meine selbstgefärbten Stoffe. Einzig bei der Innenseite griff ich auf einen Stoffrest von einem indischen Handloomstoff zurück.

Ich freue mich ab meinen gefärbten Stoffen und ich freue mich, dass ich mich getraut habe, die Stoffe auch anzuschneiden. ;-) Ich werde langsam so weiterfärben #slowdown und wenn ich dann genug gefärbte Stoffe habe, freue ich mich im Winter auf einen gemütlichen Kuschelquilt mit Erinnerungen an den Frühling, Sommer und Herbst. 

 

Liebe Grüsse

Franzisca


***Werbung und Bezugsquellen***

 

Buch: "Einfach nachhaltig nähen" von Petra Wünsche / pedilu.com, ISBN 978-3-96093-721-0

 

Stoffe:

Biobaumwollstoff von Merchant and Mills (GOTS), gekauft bei Yingdesing.ch

indischer Handloom, schon lange einmal gekauft bei Karlotta Pink - Stoffe aus aller Welt


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Kommentare: 3
  • #1

    Petra (pedilu) (Montag, 04 Mai 2020 22:57)

    Liebe Franzisca,
    danke dir für deine lieben Worte!
    Ich stoße mich ebenfalls an diesem schon etwas abgenutzen Trendwort und finde Werbung im Normalfall selten nachhaltig. Doch all eure Gedanken innerhalb dieser Buchtour sind so viel wert. Jeder einzelne, den wir zum Nachdenken bringen können, zählt. Und in der jetzigen Situation ist vielleicht vielen bewusst geworden, dass Materielles gar nicht so wichtig ist, wie man vorher vielleicht dachte. Das kann ein Anfang sein …
    Da ist deine zauberhafte Projekttasche nur das Tüpfelchen auf dem i.

    Liebe Grüße! Petra

  • #2

    Franzisca (Dienstag, 05 Mai 2020 20:32)

    Liebe Petra
    Ich danke dir herzlich!
    Ja, ich finde die Situation bietet auch Chancen. In meinem Fall - und ich kann mir gut vorstellen, dass es vielen anderen auch so geht - ist es unter anderem das "Sich wieder bewusst werden". Und zwar über den Wert des Materiellen, das Konsumverhalten als auch über Hektik und Reizüberflutungen im bisherigen Alltag.
    Das Färben mit natürlichen Materialien #slowproject ;-) und dein Buch mit den anregenden Tipps, Inputs und Ideen passten da hervorragend in meinen Prozess!
    Liebe Grüsse zurück
    Franzisca

  • #3

    Marlene (Samstag, 09 Mai 2020 23:07)

    Hallo Franzisca,
    da sind ja wirklich schöne Pastellfarben entstanden, sieht super hübsch aus - und ein spannendes Thema! Ich kenne jemanden, die Wolle mit Naturfarben färbt und dann verspinnt, das werden auch oft wunderschöne Farbtöne.
    Vielen Dank fürs Teilen mit "Einfach. nachhaltig. besser. leben."!
    Liebe Grüße,
    Marlene